Als ich mich im Sommer 2015 zum ersten Mal auf Wohnungssuche in Stuttgart begeben habe, bin ich davon ausgegangen, dass es ein Einfaches werden wird, entweder ein Zimmer in einem der zahlreichen Studentenwohnheimen der Universität oder in einer studentischen Wohngemeinschaft zu ergattern. Spätestens die Mitteilung, dass die durchschnittliche Wartezeit für Ersteres zwei Semester beträgt, und eine Wohnungsbesichtigung mit über 40 Interessentinnen und Interessenten haben mir vor Augen geführt, wie naiv ich doch an die ganze Sache herangegangen bin. In der Hoffnung, doch noch eine passende und bezahlbare Bleibe in Stuttgart zu finden, habe ich meinen Suchradius erweitert, was mich das erste Mal in meinem Leben ernsthaft mit Verbindungen konfrontiert hat. Ein paar Wikipedia-Beiträge später hatte ich das Gefühl, das Grundkonzept einer Verbindung ansatzweise verstanden zu haben, obwohl mich die schiere Anzahl an verschiedenen Verbindungstypen noch komplett überforderte. Interessehalber, und da ich ehrlicherweise nicht wirklich viele andere Wohnungsbesichtigungen zu der Zeit hatte, habe ich auf Zimmeranzeigen von zwei Verbindungen in der Nähe des Campus-Mitte in Stuttgart reagiert, welche zufälligerweise beide Corps waren.
Da ich beide Besichtigungstermine tatsächlich am selben Tag hatte, wurde mir schnell bewusst, wie ähnlich und gleichzeitig verschieden Corps im direkten Vergleich zueinander sind. Beim ersten Corps ging es recht sachlich und nüchtern zu (ich musste sogar vor dem Gespräch einen mehrseitigen Papierbogen ausfüllen),
wodurch mich die Art und Weise, wie das Kennenlernen beim zweiten Corps, Teutonia Stuttgart, stattgefunden hat, durchaus erstaunte: kein lästiger Papierkram, sondern ein Gespräch in offener und geselliger Runde.
Dort kam ich mit Studenten und ehemaligen Studenten ins Gespräch, die sichtlich Spaß an den gemeinsamen Aktivitäten innerhalb des Corps zeigten und so hat sich letztlich meine allgemeine Neugierde in die Entscheidung, dort mitmachen zu wollen, gewandelt. So schnell wie mein unvorhergesehener Einstieg in eine Verbindung zustande gekommen ist, so schnelllebig und ereignisreich gestaltete sich die darauffolgende Zeit als Student, der gleichzeitig auch Mitglied in einem Corps ist. An dieser Stelle würde das Aufzählen der verschiedenen Aktivitäten und die etlichen Abende in gemeinsamer Runde meinen dort gemachten Erfahrungen nicht gerecht werden, daher hier nur in aller Kürze: langweilig wird es einem nie und es gibt immer einen Grund, auf etwas anzustoßen. Sei es, dass man seit drei Runden Durak der unangefochtene Sieger ist.
Letztendlich geblieben bin ich im Corps aufgrund des starken Gemeinschaftsgefühls, welches einem dort widerfährt, sowie den etlichen guten Bekanntschaften, die man im Laufe der Zeit im und außerhalb des eigenen Corps macht.
Das Besondere für mich am Corpsleben ist, dass man über die Zeit gewisse Veranstaltungen zu schätzen lernt (auch weil man selbst die Erfahrung gemacht hat, was es braucht, um so eine Veranstaltung aus dem Boden zu hieven), die meist in regelmäßigen Abständen stattfinden und einem daher immer wieder einen sehr guten Grund geben, zurück zu seinem alten Studienort zu kommen (sofern man nicht in Stuttgart versackt ist), der einem obendrein durch das Corps nie fremd geworden ist.
Wovon ich selbst am meisten als Fuchs und darüber hinaus als Corpsbursche profitiere konnte, ist die Vielfalt an Aufgaben, welche man recht früh eigenverantwortlich übertragen bekommt, als auch an Projekten, die man, wenn man möchte, in Eigenregie ins Leben rufen kann, und dem daraus resultierenden Erfahrungsgewinn. Von Etikette, das Schreiben und Halten von Grußworten bis hinzu Veranstaltungsmanagement, sammelt man so neben dem Studium zahlreiche Soft-Skills, die man sonst nie in diesem Ausmaß hätte erlernen können und sich im Laufe des (Berufs)Lebens als sehr nützlich erweisen.
IaCB Kümmerle, Mitglied seit SoSe 2015