Mein Werdegang ist einerseits untypisch für einen jungen Stuttgarter Studenten, andererseits ist er durchaus normal für einen Corpsstudenten, der bereits ein erstes Band eines anderen Corps – in meinem Falle des Corps Teutonia Dresden – hatte.
Zu Beginn meines Studiums habe ich an der Universität gezielt nach einem Corps gesucht, das ich mir ansehen wollte. Diese heute eher ungewöhnliche Vorgehensweise hatte seinen Grund in dem Vorbild meines Vaters, den ich vor meinem Studienantritt mit Fragen „gelöchert“ hatte. Die Mitglieder des Corps Teutonia Dresden machten mir in den ersten Gesprächen den aufgeräumtesten Eindruck. Ihr Stil sowie die höflich elegante Art ihrer schriftlichen Einladungen vermittelten das Gefühl geschätzt und willkommen zu sein. Nach mehreren Absagen meiner Seite nahm ich an einem Vortragsabend zum Thema Segelfliegen teil und durfte in den Tagen danach bereits zum Paukboden mitkommen. Nach etwa vier-wöchiger Bedenkzeit und regelmäßigem Besuch des Paukbodens wurde ich dann mit meinem als Renonce akzeptiert. Ich erlebte eine tolle Aktivzeit, die – da es mir nicht an Selbstvertrauen mangelte – den älteren Corpsbrüdern gelegentlich die Haare zu Berge stehen ließ.
Aus dieser Zeit kannte ich bereits viele – insbesondere der älteren – Corpsbrüder des Corps Teutonia Stuttgart.
Nach Abschluss meines Elektronik-Studiums in Frankreich kam ich nach Stuttgart um noch ein deutsches Diplom im Maschinenbau zu erlangen. Das Angebot, zunächst auf dem Corpshaus zu wohnen, war für mich eine ganz neue Erfahrung. Die Stuttgarter Einschreibungsformalitäten waren für mich nur deshalb eine sensationell kurze Angelegenheit, weil sich einer der älteren Corpsbrüder angeboten hatte, mit mir den Lauf durch die diversen Stationen zu machen. Genau zur Mittagszeit hatten wir alle Teile der Einschreibung erledigt und konnten in Ruhe zu Mittagessen auf den Schlossplatz gehen.
Viele Aspekte wie z.B. das gemeinsame Zusammensein von ganz jungen Studenten bis zu den ältesten Alten Herren, die gegenseitige Unterstützung, all das kannte ich bereits von der Verbindung meines Vaters und den Erzählungen meines Groß-Vaters und habe sie auch in meinen Corps so wiedergefunden. Erleben konnte ich den hohen Anspruch der Corps an die Corpsbrüder und die Unterstützung zur Weiterentwicklung über das Studium hinaus (Exkursionen und Besichtigungen von Firmen, Seminare zur Rhetorik, Kommunikation, Zeitmanagement, Führung, etc.).
Ganz besonders begeistern mich und meine Frau auch heute noch die rauschenden Feste, stilvolle Bälle, Cocktail-Partys sowie die gemeinsamen Freizeitaktivitäten mit den Familien der Corpsbrüder (zum Beispiel Segel-Törns, Golf-Turniere, Jagden).
Etwas, das ich persönlich ganz besonders schätze, ist die Chance sich zu praktisch allen Themen – gerne auch kontrovers – auszutauschen. Da ich selbst in mehreren Ländern gelebt habe, sehe ich die Sichtweisen unserer nicht-deutschen Corpsbrüder als deutliche Bereicherung. Beides ist letztlich nur auf der Basis unseres uneingeschränkten Toleranz-Prinzips möglich.
Was bedeutet das für den jungen Studenten, der sich dem Corps Teutonia Stuttgart anschließen möchte?
Das Corps erwartet viel. Toleranz, Engagement und ein gepflegter gesellschaftlicher Umgang werden als unabdingbar angesehen. Das Corps ist aber auch bereit den jungen Studenten beim Studium und bei der über das Studium hinausgehenden Weiterbildung zu unterstützen. Kontakte, die dabei geknüpft werden, helfen nicht nur während des Studiums. Ein Corpsstudent, der dem Corps Teutonia angehört, hat am Ende seines Studiums deutlich mehr aufzuweisen als jemand, der nur sein Studium in Regelzeit absolviert hat. Insofern geht das Corps davon aus, dass die Zeit als aktiver und später inaktiver Corpsbursch auch karrierefördernd genutzt wird.
AH Lamshoeft, Aktiv seit SoSe 83